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Warum muss ich das machen?

An einem Mittag dieser Woche rief mich die Schule meines Sohnes im Lerncenter an, weil der junge Mann nicht in der Mittagsbetreuung erschienen war. Ein kurzer Telefonanruf zu Hause brachte schnell Klarheit. Wie von mir bereits vermutet, war das Kerlchen nach der Schule nach Hause gefahren und genoss einen freien Nachmittag mit dem Hund und dem großen Bruder.  Nachdem ich meinem Unwillen über diese Entwicklung laut und deutlich Ausdruck verliehen hatte, konnte ich zunächst die Betreuer in der Schule beruhigen, dann meine Arbeit umorganisieren und mich wutschnaubend auf den Heimweg machen.

Zu Hause angekommen begrüßte mich mein Sohn gutgelaunt und erzählte mir dann beim Mittagessen, dass er sich in der Mittagsbetreuung nicht wohlfühle, er eh keine Hausaufgaben zu machen hätte und er seine Zeit zu Hause sinnvoller verbringen können. Er sähe keinen Sinn darin, in die Mittagsbetreuung zu gehen. Und schließlich sei sein Bruder ja auch zu Hause und in keiner Betreuung.

So ähnlich,  aber noch nie so deutlich, hatte er mir den Sachverhalt früher schon geschildert, nur ist er dann halt doch in die Betreuung gegangen. Diesmal hat er seine Aussage mit Taten unterstrichen und ihr damit mehr Deutlichkeit verliehen.

Ja, ich mag „sowas“ nicht und ärgere mich immer wieder, wenn es bei uns nicht „rund“ läuft. Und ich hätte mich früher nie getraut, so zu handeln. Egal ob es mir gefallen hätte oder nicht, ich wäre geblieben wo ich sein sollte und danach pünktlich nach Hause gekommen. Und genau hier bringen mich meine Kinder immer wieder zum Nachdenken und oft auch zum Umdenken. Während es mir manchmal schwer fällt, meine eigene Meinung zu vertreten und ohne Angst vor Zurückweisung zu äußern, tut mein Sohn das recht deutlich. Er sagt seine Meinung (manchmal ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten anderer) und, wenn er in seiner Meinung nicht ernstgenommen wird, dann handelt er mit den Mitteln, die er hat. Verweigerung ist eins dieser Mittel.

Mit einigem Abstand zu dieser Situation würde ich das Ereignis heute so zusammenfassen: „Ich (Dein Kind) habe Dir (Mama) deutlich gesagt, dass ich mich in diesem Umfeld unwohl fühle, und Du hast mich vielleicht gehört, aber nicht ernst genug genommen. Wir haben zusammen keine Lösung gefunden, und es gab keine Veränderung für mich. Darum habe ich jetzt selbst für Veränderung gesorgt.“

Natürlich heißt das nicht, dass Absprachen, die wir Eltern mit unseren Kindern treffen, einfach ungültig werden. Nur war die Mittagsbetreuung in meinen Augen Notwendigkeit und mein Wunsch zur Erleichterung des Alltags, eine gegenseitige Abmachung war das nicht.

Generell glaube ich, dass es schon immer wichtig war, Kinder in ihrer Meinung ernst zu nehmen und ihnen zu erklären, warum sie etwas tun oder lernen sollte und nicht einfach vorauszusetzen, dass sie es schon tun werden, nur weil es von Eltern oder Lehrern gefordert wird. Vielleicht waren wir Eltern es noch eher gewohnt, das umzusetzen, was von uns verlangt wurde. Vielleicht auch häufig ohne zu hinterfragen warum. Unsere Kinder machen das nun z.T. rigoros anders und bringen mich damit oft an den Rand der Verzweiflung und auf jeden Fall zum Umdenken.