„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“

Bei der Vorbereitung meines Vortrags zur Einschulung kam mir dieser Satz wieder in den Kopf. Er ist mir mehr als vertraut:  erst alle Aufgaben erledigen und dann, wenn noch Zeit bleibt, mal nichts tun oder Spaß haben. Wie viele andere Glaubenssätze habe ich diesen Glaubenssatz unbewusst aus meinem Umfeld übernommen und viele Jahre lang nicht hinterfragt. Erst in den letzten Jahren ist mir immer klarer geworden, wie sehr er mich eingeschränkt hat.

Als berufstätige Mutter und Hausfrau habe ich „gerödelt“ bis zum „Abends-auf-das-Sofa-Fallen“, weil ich immer der Meinung war, erst all meine Aufgaben möglichst perfekt erledigen zu müssen, bevor ich mir Ruhe oder gar Vergnügen gönnen kann. Über die Zeit war das sehr auslaugend, und die Regeneration kam viel zu kurz. Inzwischen habe ich gelernt, wie wichtig es ist,  sich Pausen, Freizeit und Vergnügen „zu gönnen“, und das manchmal auch vor getaner Arbeit.

Wenden wir als Eltern diesen Spruch im Lern- oder Hausaufgabenkontext an, so trennen wir dadurch Lernen (als Arbeit) und Vergnügen klar voneinander! Und ich bin mir nicht sicher, ob wir das beabsichtigen. Wer sagt denn, dass Hausaufgaben oder Lernen kein Vergnügen sein können? Gerade Erstklässler, die am Anfang meist hochmotiviert in die Schule gehen, empfinden ihre Hausaufgaben oft (noch) als Vergnügen. Warum ihnen dann nicht auch genug Zeit und Raum geben, und die Kinder mitbestimmen lassen, wann sie ihre Hausaufgaben machen?

Bei meinen Kindern habe ich lange darauf bestanden, dass die Hausaufgaben so schnell wie möglich erledigt werden, damit danach Zeit für die schönen Dinge bleibt. Erreicht habe ich damit, dass wir uns oft viele Stunden um und über die Hausaufgaben gestritten haben, weil meine Kinder sie schlicht nicht zum von mir favorisierten Zeitpunkt machen wollten, und dass meine Kinder Hausaufgaben immer als Last empfanden und heute noch empfinden. Zudem haben wir an vielen Tagen weder nachmittags noch abends „Vergnügen“ gehabt, weil sich die Hausaufgaben (inklusive Streit) bis zum Abend zogen.  Leider ist das Thema Hausaufgaben bei uns immer noch schwierig, aber zumindest weiß ich jetzt schon mal, dass es eine pauschal festgelegte „gute“ Zeit für Hausaufgaben nicht gibt, Vergnügen auch vor der Arbeit kommen darf, und in vielen Fällen (z.B. in meinem Berufsalltag) Arbeit und Vergnügen gar nicht zu trennen sind, denn: meine Arbeit bereitet mir riesiges Vergnügen!

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