Archiv für den Monat: Juni 2015

Warum muss ich das machen?

An einem Mittag dieser Woche rief mich die Schule meines Sohnes im Lerncenter an, weil der junge Mann nicht in der Mittagsbetreuung erschienen war. Ein kurzer Telefonanruf zu Hause brachte schnell Klarheit. Wie von mir bereits vermutet, war das Kerlchen nach der Schule nach Hause gefahren und genoss einen freien Nachmittag mit dem Hund und dem großen Bruder.  Nachdem ich meinem Unwillen über diese Entwicklung laut und deutlich Ausdruck verliehen hatte, konnte ich zunächst die Betreuer in der Schule beruhigen, dann meine Arbeit umorganisieren und mich wutschnaubend auf den Heimweg machen.

Zu Hause angekommen begrüßte mich mein Sohn gutgelaunt und erzählte mir dann beim Mittagessen, dass er sich in der Mittagsbetreuung nicht wohlfühle, er eh keine Hausaufgaben zu machen hätte und er seine Zeit zu Hause sinnvoller verbringen können. Er sähe keinen Sinn darin, in die Mittagsbetreuung zu gehen. Und schließlich sei sein Bruder ja auch zu Hause und in keiner Betreuung.

So ähnlich,  aber noch nie so deutlich, hatte er mir den Sachverhalt früher schon geschildert, nur ist er dann halt doch in die Betreuung gegangen. Diesmal hat er seine Aussage mit Taten unterstrichen und ihr damit mehr Deutlichkeit verliehen.

Ja, ich mag „sowas“ nicht und ärgere mich immer wieder, wenn es bei uns nicht „rund“ läuft. Und ich hätte mich früher nie getraut, so zu handeln. Egal ob es mir gefallen hätte oder nicht, ich wäre geblieben wo ich sein sollte und danach pünktlich nach Hause gekommen. Und genau hier bringen mich meine Kinder immer wieder zum Nachdenken und oft auch zum Umdenken. Während es mir manchmal schwer fällt, meine eigene Meinung zu vertreten und ohne Angst vor Zurückweisung zu äußern, tut mein Sohn das recht deutlich. Er sagt seine Meinung (manchmal ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten anderer) und, wenn er in seiner Meinung nicht ernstgenommen wird, dann handelt er mit den Mitteln, die er hat. Verweigerung ist eins dieser Mittel.

Mit einigem Abstand zu dieser Situation würde ich das Ereignis heute so zusammenfassen: „Ich (Dein Kind) habe Dir (Mama) deutlich gesagt, dass ich mich in diesem Umfeld unwohl fühle, und Du hast mich vielleicht gehört, aber nicht ernst genug genommen. Wir haben zusammen keine Lösung gefunden, und es gab keine Veränderung für mich. Darum habe ich jetzt selbst für Veränderung gesorgt.“

Natürlich heißt das nicht, dass Absprachen, die wir Eltern mit unseren Kindern treffen, einfach ungültig werden. Nur war die Mittagsbetreuung in meinen Augen Notwendigkeit und mein Wunsch zur Erleichterung des Alltags, eine gegenseitige Abmachung war das nicht.

Generell glaube ich, dass es schon immer wichtig war, Kinder in ihrer Meinung ernst zu nehmen und ihnen zu erklären, warum sie etwas tun oder lernen sollte und nicht einfach vorauszusetzen, dass sie es schon tun werden, nur weil es von Eltern oder Lehrern gefordert wird. Vielleicht waren wir Eltern es noch eher gewohnt, das umzusetzen, was von uns verlangt wurde. Vielleicht auch häufig ohne zu hinterfragen warum. Unsere Kinder machen das nun z.T. rigoros anders und bringen mich damit oft an den Rand der Verzweiflung und auf jeden Fall zum Umdenken.

 

„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“

Bei der Vorbereitung meines Vortrags zur Einschulung kam mir dieser Satz wieder in den Kopf. Er ist mir mehr als vertraut:  erst alle Aufgaben erledigen und dann, wenn noch Zeit bleibt, mal nichts tun oder Spaß haben. Wie viele andere Glaubenssätze habe ich diesen Glaubenssatz unbewusst aus meinem Umfeld übernommen und viele Jahre lang nicht hinterfragt. Erst in den letzten Jahren ist mir immer klarer geworden, wie sehr er mich eingeschränkt hat.

Als berufstätige Mutter und Hausfrau habe ich „gerödelt“ bis zum „Abends-auf-das-Sofa-Fallen“, weil ich immer der Meinung war, erst all meine Aufgaben möglichst perfekt erledigen zu müssen, bevor ich mir Ruhe oder gar Vergnügen gönnen kann. Über die Zeit war das sehr auslaugend, und die Regeneration kam viel zu kurz. Inzwischen habe ich gelernt, wie wichtig es ist,  sich Pausen, Freizeit und Vergnügen „zu gönnen“, und das manchmal auch vor getaner Arbeit.

Wenden wir als Eltern diesen Spruch im Lern- oder Hausaufgabenkontext an, so trennen wir dadurch Lernen (als Arbeit) und Vergnügen klar voneinander! Und ich bin mir nicht sicher, ob wir das beabsichtigen. Wer sagt denn, dass Hausaufgaben oder Lernen kein Vergnügen sein können? Gerade Erstklässler, die am Anfang meist hochmotiviert in die Schule gehen, empfinden ihre Hausaufgaben oft (noch) als Vergnügen. Warum ihnen dann nicht auch genug Zeit und Raum geben, und die Kinder mitbestimmen lassen, wann sie ihre Hausaufgaben machen?

Bei meinen Kindern habe ich lange darauf bestanden, dass die Hausaufgaben so schnell wie möglich erledigt werden, damit danach Zeit für die schönen Dinge bleibt. Erreicht habe ich damit, dass wir uns oft viele Stunden um und über die Hausaufgaben gestritten haben, weil meine Kinder sie schlicht nicht zum von mir favorisierten Zeitpunkt machen wollten, und dass meine Kinder Hausaufgaben immer als Last empfanden und heute noch empfinden. Zudem haben wir an vielen Tagen weder nachmittags noch abends „Vergnügen“ gehabt, weil sich die Hausaufgaben (inklusive Streit) bis zum Abend zogen.  Leider ist das Thema Hausaufgaben bei uns immer noch schwierig, aber zumindest weiß ich jetzt schon mal, dass es eine pauschal festgelegte „gute“ Zeit für Hausaufgaben nicht gibt, Vergnügen auch vor der Arbeit kommen darf, und in vielen Fällen (z.B. in meinem Berufsalltag) Arbeit und Vergnügen gar nicht zu trennen sind, denn: meine Arbeit bereitet mir riesiges Vergnügen!

Es geht los!

Vor genau einem Monat lag mein Kinder- und Jugendcoach-Zertifikat vom IPE Münster im Briefkasten, und am gleichen Tag begann das erste Kind mit seinem Coaching bei mir. Seitdem geht alles so schnell: Visitenkarten und Briefpapier sind fertig, die Homepage ist online, die ersten Infovorträge sind gehalten,  ein Kind hat sein Coaching schon beendet und vier weitere nähern sich dem Ende. Kaum zu glauben! Dafür, dass ich vor einigen Monaten noch nicht so richtig wusste, wohin meine Reise gehen soll, hat sich in den letzten Wochen vieles so einfach gefügt! Es ist großartig!

Und jetzt auch noch mein erstes eigenes Blog – Platz für Erfahrungen und Gedanken. Wie toll!